Quereinsteiger beraten

Ein Erfahrungsbericht der Bundesarbeitsgemeinschaft Elterninitiativen (BAGE) e.V., Standort Berlin.

Copyright: Bundesarbeitsgemeinschaft Elterninitiativen (BAGE) e.V.

Frau Falkenhagen, Herr Kahlert, einer der Schwerpunkte Ihres Modellprojekts ist die Beratung von Quereinsteiger/innen. Welche konkreten Beratungs- und Informationsangebote bieten Sie am Quereinstieg interessierten Männern und Frauen in Berlin?

Wir bieten zweimal wöchentlich, mittwochs von 9-12 und donnerstags von 15-18 Uhr eine telefonische Beratung für alle an, die sich für einen Weg in den Erzieher/innenberuf interessieren. Ursprünglich war dieses Beratungsangebot gedacht für Fragen rund um das Thema ‚Männer in Kinderläden‘. Wir haben jedoch die Erfahrung gemacht, dass fast ausschließlich Männer anrufen, die sich für einen Quereinstieg in den Erzieherberuf interessieren. Immer häufiger wünschen sich Interessierte eine persönliche Beratung, die wir dann nach Vereinbarung einrichten.

Aufgrund der großen Nachfrage und der zum Teil komplexen Regelungen für die verschiedenen Optionen eines Quereinstiegs im Land Berlin haben wir die Broschüre mit dem Titel „Erzieher_in werden“ veröffentlicht. Die Broschüre beschreibt die Wege in den Erzieher/innenberuf und gibt Empfehlungen, welcher Weg für welche Person am ehesten geeignet ist. In der Broschüre sind auch die jeweiligen Zugangsvoraussetzungen sowie die Ausbildungseinrichtungen in Berlin von uns zusammengetragen worden. Die Broschüren haben wir an alle Berliner Arbeitsagenturen, Jobcenter und zahlreiche Berufsberatungszentren weitergereicht.

Auf den Websites www.erzieher-werden-in-berlin.de und www.erzieherin-werden-in-berlin.de werden die Informationen ständig aktualisiert, da es immer wieder Neuerungen gibt, wie zum Beispiel neue Ausbildungseinrichtungen oder konkretisierte Regelungen für die Erleichterung des Berufseinstiegs aus verwandten Berufsgruppen.

Welche Erfahrungen machen Sie mit quereinstiegsinteressierten Männern und Frauen?

Wir erleben in der Beratung, dass das Interesse von Männern am Beruf des Erziehers gestiegen ist. Dies führen wir auf die Wirksamkeit der Werbekampagnen der letzten Monate zurück. Die Männer (und wenigen Frauen), die uns anrufen, kommen aus sehr unterschiedlichen Lebenssituationen. Manche der Interessierten haben sich mit dem Berufsfeld bereits intensiv auseinandergesetzt und sich bewusst für den Wechsel in den Erzieher/innenberuf entschieden, andere sind auf der Suche nach einer neuen Perspektive und haben bisher kaum Einblick in die Aufgaben und Tätigkeiten von Erzieher/innen gehabt. Interessant für alle sind aber die verschiedenen Zugangsmöglichkeiten, von denen die berufsbegleitende Ausbildung am meisten gefragt ist, wo man bereits angestellt arbeitet und parallel dazu die Ausbildung absolviert. Für wenige Leute kommen auch Anpassungsqualifizierungen, Ausnahmeregelungen (bei bilingualen Einrichtungen) oder in ganz seltenen Fällen die sogenannte ‚Nichtschülerprüfung‘ infrage. ‚Nichtschülerprüfung‘ bedeutet, dass man ohne eine reguläre Ausbildung eine externe Prüfung ablegen kann, jedoch nur, wenn man mindestens ein Jahr Vollzeit (oder entsprechend lange Teilzeit) in einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung angestellt war. Ziel unserer Beratungsgespräche ist es, für die Interessierten den geeigneten Weg in den Erzieher/innenberuf zu finden und die nächsten Schritte gemeinsam zu überlegen.

Welches sind die zentralen Probleme mit denen sie konfrontiert sind?

Als größte Schwierigkeit erweist sich dabei im Moment, dass viele der potenziellen Quereinsteiger/innen, die gern eine berufsbegleitende Ausbildung absolvieren möchten, keine Praxisstellen finden. Diese  bräuchten sie jedoch, um einen Ausbildungsplatz an einer der zahlreichen Fachschulen zu finden. Insofern unterstützen wir die Leute dabei, ihre besonderen Kompetenzen für den Beruf in Erfahrung zu bringen und sie in den Bewerbungen sichtbar zu machen. Darüber hinaus vermitteln wir Zugänge zu bzw. Ansprechpartner/innen in Kitas und bei Trägern, soweit uns das möglich ist.

Welche Informationen bzw. konkreten Unterstützungsangebote sind aus Ihrer Sicht besonders hilfreich für Quereinstiegsinteressierte und wie könnten sie nach Ablauf der ESF-Förderperiode weitergeführt werden?

Eine solche Beratungsstelle wäre sicherlich auch nach Auslaufen der ESF-Förderung Ende dieses Jahres notwendig und könnte effektiv dazu beitragen, den Anteil männlicher Erzieher in Berliner Kitas dauerhaft zu erhöhen. Viele der Interessierten wünschen sich darüber hinaus eine berlinweite ‚Börse‘ für Quereinsteiger/innen, die es leichter machen würde, eine Praxisstelle zu finden. Im DaKS bieten wir das auf unserem Marktplatz (www.daks-berlin.de) bereits an.

Auf der Grundlage Ihrer Erfahrungen: Was müsste aus Ihrer Sicht kurz-, mittel- und langfristig passieren, damit mehr Quereinstiegsinteressierte den Weg in die Erzieher/innenausbildung in Berlin finden? Was können Kita-Träger dazu beitragen?

Wir haben den Eindruck, dass es in Berlin im Moment zunehmend mehr Quereinsteiger/innen gibt, die die Erzieher/innenausbildung absolvieren. Die Ausbildungsplätze wurden bereits erheblich aufgestockt, und die neuen Schulen werden gut nachgefragt. Die schon angesprochenen fehlenden Praxisstellen sind jedoch ein wirkliches Problem. Viele der Interessierten berichten, sie hätten sich bereits bei 20, 30 und mehr Einrichtungen beworben, gesucht würden jedoch nur qualifizierte Erzieher/innen. Die besondere Regelung im Land Berlin, dass Auszubildende in der berufsbegleitenden Ausbildung auf Antrag der Kitas als Fachpersonal anerkannt werden, ist anscheinend nicht ausreichend, alle Träger zu einer Einstellung von Quereinsteiger/innen zu motivieren. Da der Anteil von Auszubildenden in der Regel auf 20% der Fachpersonalstunden beschränkt ist, liegt hier allerdings auch eine zwar pädagogisch sinnvolle, aber für die Suchenden belastende Einschränkung vor.

Wir wissen jedoch auch, dass viele Einrichtungen ihre Möglichkeit nutzen, angehende Erzieher/innen, die die berufsbegleitende Ausbildung machen, einzustellen. In der Senatsverwaltung ist mittlerweile eine AG zum Fachkräftemangel eingerichtet worden, die nach Lösungen sucht, wie freie Praxisstellen ermittelt werden können bzw. wie Kita-Träger und Kitas, die noch Praxisstellen anbieten können, und Quereinsteiger/innen, die danach suchen, besser zusammenfinden können. Hier sollten langfristig Informationen gebündelt und allen Interessierten zur Verfügung gestellt werden. Träger, die bislang keine Quereinsteiger/innen einstellen, sollten über die Vorteile und Qualitäten, die diese Menschen in den Beruf mitbringen, aufgeklärt und über die Gestaltung von geeigneten Rahmenbedingungen für deren Beschäftigung beraten werden.

Wir danken Ihnen für diesen umfassenden Einblick und wünschen Ihnen für die Umsetzung Ihrer Projekte und Ideen weiterhin viel Erfolg!

Das Interview führten wir mit Hilke Falkenhagen und Krischan Kahlert, Mitarbeiter/inen des Modellprojekts „Männer in Kinderläden“ der Bundesarbeitsgemeinschaft Elterninitiativen e.V. (BAGE), Standort Berlin.

Hinweis des Herausgebers: Die Inhalte der Interviews spiegeln nicht immer die genauen Standpunkte der Koordinationsstelle wider.

Zu den im Interview geführten Websites:

www.erzieher-werden-in-berlin.de

www.erzieherin-werden-in-berlin.de

www.daks-berlin.de