Ein internationales Thema

"Das Thema wird in Deutschland erstaunlich intensiv diskutiert und bewegt..." so Jens Krabel von der Koordinationsstelle "Männer in Kitas".

Foto: Tim Deussen.

Wieso veranstaltet die Koordinationsstelle „Männer in Kitas“ eine internationale Konferenz?

Seit das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend das Bundesprogramm „Männer in Kitas“ ins Leben gerufen hat, stehen Männer in Kitas zunehmend im Fokus öffentlicher Debatten.

Das Thema ist Teil strategischer Personalentscheidungen von Kita-Trägern geworden, hat zu internen Auseinandersetzungen in Kita-Teams geführt und sogar die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema hat sich intensiviert. Das sehen wir an den neuen Forschungsprojekten im deutschsprachigen Raum ebenso wie an einer steigenden Anzahl von Bachelor- und Masterarbeiten, die sich mit Gender in der Kita beschäftigen.

Das Thema „Männer in der Elementarpädagogik“ wird in Deutschland erstaunlich intensiv diskutiert und bewegt. Diese Entwicklung kann auch für andere Länder beispielgebend sein. Wir bewerten es als einen Beleg des internationalen Interesses an den Entwicklungen in Deutschland, dass nahezu alle von uns angefragten, namhaften internationalen Experten und Expertinnen, die sich mit dem Thema beschäftigen, an unserer Konferenz teilnehmen. Beispielsweise ist Claire Cameron aus England dabei, Sarah Farquhar aus Neuseeland und Ulla Gerner Wohlgemuth aus Dänemark.

Die internationale Konferenz ermöglicht Experten und Expertinnen aus Politik, Praxis und Forschung, die sich in Deutschland mit dem Thema beschäftigen, ihre innovativen Strategien, Projekte und Maßnahmen einem nationalen und internationalen Publikum zu präsentieren und sie kritisch zur Diskussion zu stellen.

Nicht nur in Deutschland entwickelt sich das Thema weiter. Auch in Norwegen, Dänemark, Österreich und der Schweiz werden spannende Forschungs- und Praxisprojekte sowie staatliche Kampagnen durchgeführt, die wiederum für ein deutsches Publikum interessant sind. Deswegen werden sie während der Konferenz im Rahmen von Vorträgen und auf einem Markt der Möglichkeiten präsentiert.

Mit der internationalen Konferenz möchten wir einen fachlichen Austausch zwischen Politikern und Politikerinnen, Gleichstellungsbeauftragten, Erziehern und Erzieherinnen, Kita-Leitern und -Leiterinnen, Fachschullehrern und -lehrerinnen ebenso wie Studierenden unterschiedlicher Länder initiieren.Wir wollen den fachlichen Diskurs intensivieren und Projekte zum Thema „Männer in Kitas“ langfristig in Deutschland verankern.

Was erwartet die Teilnehmer/innen der internationalen Konferenz? Welche Impulse erhoffen Sie sich von den Teilnehmern und Teilnehmerinnen?

Die Teilnehmer/innen können von der internationalen Konferenz Ergebnisse aktueller Forschungs- und Praxisprojekte erwarten. So werden beispielsweise Prof. Dr. Holger Brandes aus Dresden und Dr. Julia Nentwich aus St. Gallen auf Grundlage ihrer Forschungen darüber berichten, welche Auswirkungen männliche Erzieher auf die pädagogische Arbeit mit Kindern haben. Ulla Gerner Wohlgemuth berichtet darüber, wie der dänische Staat versucht, Männer für Erziehungs- und Pflegeberufe zu gewinnen und welche Erfahrungen männliche Erzieher im Berufsfeld Kita machen. Kari Emilsen stellt die norwegischen Aktionspläne zur Förderung von mehr Geschlechtergerechtigkeit in Kitas vor und bewertet den Erfolg dieser Maßnahmen.

Am zweiten Tag erwartet uns eine Open Space Veranstaltung, auf der  die Teilnehmer/innen zusammenkommen und verschiedene Facetten des Themas „Männer in Kitas“ diskutieren und reflektieren werden. Wir können davon ausgehen, dass die Teilnehmer/innen unserer Konferenz ein großes Interesse daran haben, sich beispielsweise über Themen wie „Geschlechterbewusste Pädagogik in Kitas“, „Zusammenarbeit in gemischtgeschlechtlichen Teams“,  „Generalverdacht“, „Männlichkeits- und Weiblichkeitsbilder“, „Unterschiede und Gemeinsamkeiten staatlicher Bildungssysteme“ oder "Professionalisierung und Akademisierung des Arbeitsfeldes“  auszutauschen.

Von den Teilnehmer/innen erhoffe ich mir, dass sie offen dafür sind, ihre persönlichen und beruflichen Erfahrungen mit anderen Konferenzteilnehmer/innen zu teilen. Ich wünsche mir, dass die Konferenz dazu beiträgt, dass  Menschen unterschiedlicher Profession und Herkunft berichten, welche Erfahrungen sie mit gemischtgeschlechtlichen Kita-Teams haben. Welche Erwartungen, Chancen oder Konflikte sind damit verbunden und welche geschlechterbewussten pädagogischen Ansätze waren erfolgreich, welche sind aber auch gescheitert? Welche Organisations- und Personalentwicklungskonzepte können die Rahmenbedingungen für Männer und Frauen in Kitas verbessern? Wie kann das Image des Berufs aufgewertet werden?

Großartig fände ich, wenn wir alle ein Klima entstehen lassen, das es ermöglicht, offen und (selbst)kritisch die eigene Arbeit, Stolpersteine, Geschlechterbilder, Vorurteile und Erfolge sowie Beispiele gelingender Praxis einzubringen und zu reflektieren.

Wie wird sich das Thema in den nächsten 5 Jahren international entwickeln? Welche Rolle wird Deutschland spielen?

Es ist schwer zu sagen, wie sich das Thema international entwickeln wird. Es zeichnet sich aber ab, dass mit der zunehmenden Professionalisierung der Elementarpädagogik auch die Forderung nach mehr Männern lauter wird.

Betrachtet man den Anteil der Männer in der Elementarpädagogik in Deutschland, wird deutlich, dass wir noch ganz am Anfang unserer Bemühungen stehen, den Anteil männlicher Fachkräfte in Kitas zu steigern. Ich denke, dass durch das Programm des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die ja die Bereiche Kita-Praxis, Ausbildung und Forschung gleichermaßen und aus gleichstellungspolitischer Perspektive einbezieht, ein wichtiger Anfang gemacht wurde. In den nächsten Jahren wird es darum gehen, mit den Praxis-Erfahrungen und den Fachdiskussionen weiter in die Tiefe zu gehen.

Eine wichtige Aufgabe wird es sein, die Erfolge, aber auch Misserfolge der Modellprojekte sorgfältig auszuwerten und sie einer möglichst großen Fachöffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

Das Bundesprogramm „Männer in Kitas“ setzt einen gesellschaftlichen Bewusstseinswandel voraus, der nicht von heute auf morgen zu schaffen sein wird. Deutlich wird dies unter anderem an den aktuellen Presseberichten zum Thema. In der Medienlandschaft  überwiegt noch der Ruf nach männlichen „Alleskönnern und Superhelden“ für die Kitas. Traditionelle Männlichkeitsbilder sind also in den Köpfen vieler Menschen noch fest verankert. Wir wollen als Koordinationsstelle „Männer in Kitas“ deshalb mit unserer Arbeit dazu beitragen den Anteil männlicher Fachkräfte zu steigern und  Männlichkeits- und Weiblichkeitsvorstellungen von veralteten, stereotypen Geschlechterbildern zu befreien.

Vielen Dank für das Interview!