Kitaspezifische Bestandsanalyse in Bezug auf pauschale Verdächtigungen gegenüber männlichen Erziehern

Ein Reflexionsinstrument für das Team

Jens Krabel und Michael Cremers

Erfahrungsberichte von pädagogischen Fachkräften in Kindertagesstätten sowie Studien zum Thema ‚männliche Erzieher‘ (siehe u.a. Aigner/Rohrmann 2012; Cameron/Moss/Owen 1999; Cremers/Krabel/Calmbach 2010) machen deutlich, in welchem Ausmaß die pauschale Verdächtigung gegenüber männlichen Fachkräften das Arbeitsfeld ‚Kita‘ prägen:

Eltern, Trägerverantwortliche, Kitaleitungen, Erzieherinnen und manchmal sogar (männliche) Erzieher selber bringen männliche Fachkräfte und Praktikanten in Kindertagesstätten immer wieder (gedanklich) mit sexuellem Missbrauch von Kindern in Verbindung. Auch wenn sich diese gedankliche Verbindung nicht auf den weit verbreiteten Wunsch nach mehr männlichen Erziehern seitens der Eltern und des pädagogischen Fachpersonals in Kitas auswirkt, so haben die (latenten) Verdächtigungen dennoch Auswirkungen auf die pädagogische Arbeit in Kindertageseinrichtungen:

„Und da hatte ich am Anfang große Schwierigkeiten, überhaupt die Nähe von Kindern zuzulassen […]. Und da war bei mir halt etwas, wo ich bewusste Sorge und Angst drum hatte, dass das jemand vielleicht falsch interpretiert.“ Fachschüler, 21 Jahre

(Interview im Rahmen der Studie „Männliche Fachkräfte in Kindertagesstätten“, Cremers/Krabel/Calmbach (2010).)

Insofern erweist es sich als unerlässlich, sich im Arbeitsfeld Kita zum einen mit den pauschalen Verdächtigungen gegenüber Männern und mit den daran geknüpften Geschlechterstereotypen auseinanderzusetzen und zum anderen einen professionellen und klaren Umgang mit Körperlichkeit, Sexualität, Nähe und Grenzen zu finden.

Pauschale Verdächtigungen gegenüber männlichen Fachkräften wirken sich aufgrund der individuellen Zugänge aller Beteiligten zum Thema in jeder Kindertagesstätte unterschiedlich aus. Daher ist es wichtig, kitaspezifische und damit auch teamspezifische Analysen zum Thema ‚Generalverdacht‘ vorzunehmen. Analyse- und Reflexionsinstrumente zu diesem Thema sind bisher allerdings noch rar gesät. Im Rahmen des ESF-Modellprogramms ‚MEHR Männer in Kitas‘ haben wir ein Reflexionsinstrument entwickelt, anhand dessen Sie im Team Einstellungen und Umgangsweisen zu den Themen ‚Körperlichkeit‘, ‚Geschlechterbilder‘ und ‚pauschale Verdächtigungen gegenüber Männern‘ reflektieren können. Dem Reflexionsinstrument ist noch eine kurze Einführung ins Thema vorangestellt, sodass das Instrument als eine Einheit an pädagogische Fachkräfte in Kitas verteilt werden kann.

Hierbei werden u.a. folgende Fragen aufgeworfen:

Wie stellt sich die Situation in der jeweiligen Kindertagesstätte dar? Sind die männlichen Erzieher und Praktikanten (wirklich) verunsichert? Begegnen die weiblichen Fachkräfte ihren männlichen Kollegen mit Misstrauen bzw. sind sie überhaupt offen für männliche Erzieher? Welche Geschlechterbilder haben die männlichen und weiblichen Fachkräfte im Kopf und wie wirken diese sich auf den Kitaalltag aus? Gibt es in der Kindertagesstätte klare Leitlinien für einen professionellen Umgang mit Körperlichkeit bzw. Nähe und Distanz? Gelten diese Leitlinien für alle pädagogischen Mitarbeitenden und werden die Leitlinien den Eltern transparent vermittelt?

Die Reflexionsfragen sollen Sie darin unterstützen, den Antworten dieser und anderer Fragen und einem eventuellen Handlungsbedarf auf die Spur zu kommen.

Literatur

Aigner, Josef C./Rohrmann, Tim (2012). Elementar – Männer in der pädagogischen Arbeit mit Kindern. Opladen.

Cameron, Claire/Moss, Peter/Owen, Charlie (1999). Men in the Nursery: gender and caring work. London.

Cremers, Michael/Krabel, Jens/Calmbach, Marc (2010). Männliche Fachkräfte in Kindertagesstätten – Eine Studie der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin und Sinus Sociovision GmbH. Hg. v. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Heidelberg, Berlin.


Das Reflexionsinstrument können Sie ab Mai 2014 herunterladen unter: www.koordination-maennerinkitas.de/unsere-themen
Den vollständigen Text und das Reflexionsinstrument finden Sie zudem in unserer im Mai 2014 erscheinenden Handreichung „Sicherheit gewinnen. Wie Kitas männliche Fachkräfte vor pauschalen Verdächtigungen und Kinder vor sexualisierter Gewalt schützen können“, in: „MEHR Männer in Kitas – Analysen, Erfahrungen und Strategien“, Hrsg. Koordinationsstelle „Männer in Kitas“ (2013/2014).

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