Gleichstellungspolitische Ansätze

"Gerade von unseren gleichstellungspolitischen Ansätzen würde ich mir wünschen, dass sie in anderen Ländern auf positive Resonanz stoßen" so Dr. Angela Icken, Leiterin des Referats "Gleichstellungspolitik von Jungen und Männern" des BMFSFJ im Interview.

Frau Dr. Icken, wieso fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine Internationale Konferenz zum Thema „Männer in Kitas“?

Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien vereinbart, mehr Männer für die Arbeit in Kindertagesstätten zu gewinnen. Es war von vornherein klar, dass das Herangehen an dieses Thema ein explizit gleichstellungspolitisches sein soll. Hintergrund ist die Überlegung, dass Jungen und Mädchen in einer Zeit, in der ihre Geschlechterrollen sich herausbilden, moderne, gleichstellungsorientierte Rollen von Männern und Frauen erleben sollen. Das Programm ‚Männer in Kitas‘ ist äußerst gut in der Praxis, aber auch in der Öffentlichkeit angenommen worden und hat in der Diskussion um Fachkräfte in Kitas einen neuen Akzent gesetzt. Die vielen Projekte im Rahmen des ESF-Programms ‚MEHR Männer in Kitas‘, aber auch die Forschung der Koordinationsstelle und der Evangelischen Hochschule für soziale Arbeit in Dresden haben sich zudem in neue Forschungsfelder im Kontext Gender in Kitas begeben. Diese Ergebnisse, die Erfahrungen der Koordinationsstelle und der Projektträger wollen wir mit anderen Ländern teilen. Insofern lag die Förderung der Konferenz ’Männer in der Elementarpädagogik‘ nahe. Gerade von unseren gleichstellungspolitischen Ansätzen würde ich mir wünschen, dass sie in anderen Ländern auf positive Resonanz stoßen würden. Andererseits können deutsche Konferenzteilnehmer sich von den Erfahrungen anderer Länder z.B. bei den Strategien zur Gewinnung von mehr Männern in Kitas inspirieren lassen.

Was unterscheidet die deutsche Politik zum Thema „Männer in Kitas“ von der politischen Herangehensweise an das Thema in anderen Ländern und was ist gleich?

In den einzelnen europäischen Ländern und vielmehr noch weltweit gibt es sehr unterschiedliche Zugänge und Diskussionsstände zu Männern in Kitas, darum kann man Ähnlichkeiten allenfalls punktuell feststellen.

Das ist bei den deutschen Besonderheiten einfacher: Die Bundesregierung und der Europäische Sozialfonds investieren inzwischen über 15 Millionen Euro in dieses Programm, um zum einen die Forschung in diesem Bereich zu intensivieren und das vorhandene Fachwissen zu bündeln, zum anderen die Erfahrungen der Basis bei der Gewinnung von Männern zusammenzutragen. Vergleichbares findet man in keinem Land. Hinzu kommt, dass das dezidiert gleichstellungspolitische Herangehen an das Thema außer in den skandinavischen Ländern noch nicht in den nationalen Gleichstellungspolitiken angekommen ist.

Im Zusammenhang mit dem Programm ‚Männer in Kitas‘ sind in Deutschland Diskussionen um das Berufswahlverhalten von Jungen und jungen Männern entstanden, die sich – geprägt durch die peer group und ihre Eltern - noch eher für klassisch männliche Berufe entscheiden. Die vielen Zuschriften zu unserem Quereinsteigerprogramm haben aber deutlich werden lassen, dass eine nennenswerte Zahl von Männern zwischen 30 und 40 Jahren sich umorientieren und aus diesen Berufen wechseln möchten z.B. in den Erzieherberuf oder eine andere ‚Tätigkeit mit Menschen‘. Dies wirft für uns die Frage nach Umorientierungen in der Berufsberatung auf. Es geraten also Themen in die Diskussion, die über das eigentliche Programm hinausgehen.

Was glauben Sie, wie wird sich das Thema „Männer in Kitas“ in den nächsten fünf Jahren in Deutschland  und im internationalen Kontext weiter entwickeln?

In Deutschland haben wir die besondere Situation, dass das Programm ‚Männer in Kitas‘ mit einem hohen prognostizieren Fachkräftemangel zusammentrifft, so dass deutlich wird: Es muss sich etwas bewegen! Und hierin liegt eine besondere Chance.

Zentrale Ansätze für die Entwicklung des Themas sehe ich zum einen in der Entwicklung erwachsenengerechter Ausbildungen zum Erzieher/zur Erzieherin. Wir können nicht davon ausgehen, dass die Ausbildung eines 30-40jährigen Quereinsteigers genauso aussehen kann, wie die einer Schulabgängerin. Ein großes Hindernis, Erzieher oder Erzieherin zu werden, ist zudem, dass die schulische Ausbildung nicht vergütetet wird.

Aus meiner Sicht werden wir neue, duale Ausbildungsgänge entwickeln müssen, um die Attraktivität des Erzieherberufes erhalten und ausbauen zu können. Bei aller zuvor schon erwähnten internationalen Unterschiedlichkeit kann ich mir vorstellen, dass Deutschland hier eine Vorreiterrolle spielen könnte. Und natürlich wollen wir uns im Hinblick auf das Thema Gleichstellung mit den skandinavischen Ländern an die Spitze der Länder setzen, die für eine gleichstellungsorientierte Arbeit in der Elementarpädagogik stehen.

Vielen Dank für das Interview!