Sex sells – Geschlechtersensible Öffentlichkeitsarbeit

Zwischen fachlich-politischen Ansprüchen und breitenwirksamer Kommunikation

Am 27. März 2013 fand der erste bundesweite Aktionstag für mehr Männer in Kitas statt. Mit vereinten Kräften richtete sich bundesweit die Aufmerksamkeit auf ein geschlechtersensibles Thema, das zunehmend als solches gesehen wird. Foto: ESF-Modellprojekt "MEHR Männer in Kitas" der Stadt Nürnberg.

Für die Durchführung des ESF-Modellprogramms ‚MEHR Männer in Kitas‘ standen erstmals finanzielle Ressourcen für PR-Maßnahmen bereit, mit denen die Aufmerksamkeit für ein Thema befördert werden sollte, bei dem Männer im Mittelpunkt stehen. Daraus haben sich einerseits neue Möglichkeiten für die professionelle Konzeption und Umsetzung der Öffentlichkeitsarbeit ergeben.Andererseits lagen aber zu Projektbeginn keine systematisierten Erfahrungen dazu vor, wie eine Öffentlichkeitsarbeit aussehen kann, die Männern neue Wege und Facetten ihrer beruflichen Möglichkeiten in  fürsorgenden Berufen aufzeigt.

Männer in Kindertagesstätten sollten der Öffentlichkeit nicht als raufende, Fußball spielende Alternative zur Erzieherin vorgestellt werden, sondern als gleichberechtigte Kollegen, die genauso fürsorgend und professionell in der frühkindlichen Erziehung und Bildung arbeiten.

Wie Dr. Claudia Wallner in diesem Newsletter in einem Interview schildert, sahen sich viele Männer zu Beginn des Projekts mit der Erwartung konfrontiert, etwas scheinbar fehlendes Männliches in den Kindertagesstätten durch ihre Präsenz zu kompensieren. Das war auch der Ansatzpunkt vieler Presseberichte. Insofern standen wir mit unserer Öffentlichkeitsarbeit vor ähnlichen Fragestellungen wie die Praxis selbst: Wie kann etwas so unspektakuläres wie die ‚Vervielfältigung‘ und somit auch ‚Professionalisierung‘ von Kitateams am Beispiel von Männern kommuniziert werden, ohne Geschlechterstereotype zu reproduzieren?

In den letzten zwei Jahren ging es deshalb darum, Ideen dazu zu entwickeln, wie eine gendersensible Öffentlichkeitsarbeit aussehen kann, die den Erzieherinnen- und Erzieherberuf möglichst deutlich in seiner Vielfalt und Professionalität darstellt und die erklärt, wieso Männer in Kindertagesstätten erwünscht sind.

Dabei stellte die Vermittlung zwischen den Anliegen der Kitas mit allen ihren Zielgruppen (interne Öffentlichkeit), der Fachwelt (Fachöffentlichkeit) und politischer Ansätze (Gleichstellungspolitik für Jungen und Männer) gegenüber breitenwirksamen Medien oftmals einen Spagat dar zwischen eigenen gendersensiblen Ansprüchen, fachlichen und politischen Entwicklungen einerseits und den Funktionsweisen der Medien andererseits.

Eine Einschätzung, wie dies gelingen kann und welche Themen künftig eine Rolle spielen werden, geben die Journalistinnen Sabine Schmollack von der taz und Sonja Eismann und Chris Köver vom MissyMagazin. In unserer Handreichung für die Praxis mit dem Titel „Geschlechtersensible Öffentlichkeitsarbeit für mehr Männer in Kitas – Strategien, Maßnahmen und kritische Reflexionen“ schildern Mitarbeitende der ESF-Modellprojekte und der Koordinationsstelle ihre Erfahrungen. Sei es im Umgang mit der Presse, bei der Bearbeitung sensibler Themen wie dem sexuellen Missbrauch in pädagogischen Institutionen, der Umsetzung geschlechterbewusster und -gerechter Pädagogik in der internen Kommunikation von Kitaträgern, der Werbung für den Beruf der pädagogischen Fachkraft in einer Kindertagesstätte, wie z.B. durch ‚Profession Branding‘ oder große Plakatkampagnen. Alle Beiträge greifen immer wieder die Frage auf, welche Möglichkeiten und aber auch Grenzen es bei der öffentlichkeitswirksamen Vermittlung des Themas ‚Männer in Kitas‘ gibt.