Berufsberater/innen fortbilden

Ein Erfahrungsbericht von Konzept-e aus Stuttgart

Im Bild: Andreas Fuchs. Foto: Konzept-e.

Herr Rehn und Herr Fuchs, Konzepte-e hat im Rahmen des Modellprojekts „MEHR Männer in Kitas“ Berufsberater/innen fortgebildet. Welche Ziele verfolgten Sie mit der Fortbildung?

Wir wollten die Berufsberater/innen über das Berufsbild des Erziehers/der Erzieherin aktuell und differenziert informieren und die möglichen Ausbildungsgänge darstellen. Die theoretische Beschreibung des Berufes, z.B. auf der Website der Bundesagentur für Arbeit, wurde mit den praktischen Anforderungen und Kompetenzen im Alltag verglichen. Bei einer Führung durch ein Kinderhaus wurden der konkrete Tagesablauf in einer Kita und die Arbeitsfelder von Erziehern/Erzieherinnen gezeigt.

Mit Blick auf die zentrale Rolle der Berater/innen bei der Berufswahl wollten wir männlichen Rollenstereotypen entgegen wirken und deutlich machen, dass aus pädagogischer Sicht Kinder männliche und weibliche Rollenvorbilder brauchen. Außerdem galt es, die Vorteile des Berufes aufzuzeigen und zu diskutieren, z.B. dass man viele eigene Interessen und Begabungen einbringen kann.

Zur konkreten Vorgehensweise: Wie haben Sie die Fortbildung umgesetzt und was sollte ein Kita-Träger, der eine solche Fortbildung plant in der konkreten Vorgehensweise beachten?

Wir hatten die Regionaldirektion der Arbeitsagentur in Stuttgart bereits 2011 als Kooperationspartner für das Projekt „MEHR Männer in Kitas“ gewinnen können. Im Mai 2012 belieferten wir die Berufsinformationszentren in der Region Stuttgart mit Infomaterial zu unserer Imagekampagne „Starke Typen für starke Kinder“ und zur praxisintegrierten Ausbildung an der Fachschule. Bei diesem Kontakt entstand die Idee, dass die Regionaldirektion eine interne Fortbildung zum „Erzieherberuf“ anbieten könnte.

Wer sind Ansprechpartner/innen in den Jobcentern?

In Stuttgart gibt es einen Koordinator, der für die Berufsinformationszentren verantwortlich ist: Alexander Maier, Berufs- und Wirtschaftskunde, BiZ-Koordinator, Bereich Markt und Integration. Er kommunizierte das Seminar innerhalb der Regionaldirektion als interne Weiterbildung.

Welchen Vorlauf sollte man einplanen?

Man sollte circa drei Monate Zeit einplanen.

Wie viele Personen haben an der Fortbildung teilgenommen?

Insgesamt haben 18 Personen teilgenommen, davon waren zwölf Frauen und sechs Männer. Das durchschnittliche Alter lag zwischen 41 und 55 Jahren.

Wie war der zeitliche Rahmen der Fortbildung?

Wir hatten einen Tag von 9.00 bis 16.00 Uhr Zeit.

Was waren Inhalte der Fortbildung und wie sind sie aufgenommen worden?

  1. Berufsbild Erzieher
  2. Diskussion über geschlechtsbezogene Klischees
  3. Arbeitsfelder und Aufgaben eines Erziehers/einer Erzieherin mit den nötigen Kompetenzen und mit Blick auf den Bildungsplan
  4. Vorstellung der Kampagne „MEHR Männer in Kitas“, Gründe die für mehr männliche Fachkräfte in Kitas sprechen
  5. Videobeispiele aus dem Erzieher-/Erzieherinnenalltag
  6. Einstieg und Wege in den Beruf (Ausbildungsmöglichkeiten in Baden-Württemberg)
  7. Aufstiegsmöglichkeiten und Entlohnung im Vergleich zu anderen Berufsfeldern
  8. Besichtigung einer Kita

Insbesondere über bestehende geschlechtsbezogene Klischees wurde sehr kontrovers diskutiert. Bei der Besichtigung einer Kita reagierten manche Teilnehmer/innen überrascht. Viele hatten seit Jahren keine Kita mehr betreten und sehr veraltete Vorstellungen von einer Arbeit in der Kita.

Gab es auch Stolpersteine bei der Fortbildung?

Die Gruppe der Berufsberater/innen ist sehr heterogen. Man trifft auf Menschen, die aus sehr unterschiedlichen Berufsfeldern kommen, z.T. waren auch Pädagogen darunter, was sich als hilfreich in der Diskussion erwies. Einige der Berufsberater/innen haben traditionelle Geschlechtervorstellungen und fragen sich entsprechend, ob der Erzieherberuf überhaupt für Männer ein attraktiver Beruf ist.
Das Feedback (Evaluationsbögen) fiel mit einer Ausnahme positiv aus: Das Thema sowie die Gestaltung des Seminars wurden auf einer Skala von eins bis sechs mit insgesamt sehr gut bis gut benotet. Folgende Zitate bestätigen das: „guter Austausch“, „sehr informativ“, „die Diskussionen waren offen und hilfreich“.

Welche weiteren Maßnahmen wären aus Ihrer Sicht sinnvoll, um Berufsberater/innen zu sensibilisieren (jungen) Männern den Erzieherberuf nahe bringen?

Hospitationen in Kinderbetreuungseinrichtungen für Berufsberater/innen wären eine sinnvolle Maßnahme. Die Bilder von Kindertagesstätten und vom pädagogischen Handeln sind oft veraltet und entsprechen nicht dem modernen und professionellen Berufsverständnis von Erzieher/innen. Die Beratung zur Berufswahl sollte geschlechterbewusst erfolgen. Dafür fehlt aber vielen Berufsberater/innen die dafür nötige (Gender-)Kompetenz.

Eine enge Kooperation von Bildungsträgern, Arbeitgeberverbänden und mit der Agentur für Arbeit ist deswegen sinnvoll.

Welche wären die ersten Schritte zur Umsetzung der beschriebenen weiteren Maßnahmen?

Vernetzte Infoveranstaltungen in Berufsinformationszentren, Fortbildungen im Bereich „geschlechtsbezogener Berufsberatung“ und Gleichstellungspolitik.

Wir danken Ihnen für diesen umfassenden Einblick und wünschen Ihnen für die Umsetzung Ihrer Projekte und Ideen weiterhin viel Erfolg!

Das Interview führten wir mit Marcus Rehn, pädagogischer Mitarbeiter bei Konzepte-e und Andreas Fuchs, Teamleiter bei Konzept-e

Hinweis des Herausgebers: Die Inhalte der Interviews spiegeln nicht immer die genauen Standpunkte der Koordinationsstelle wider.

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